Veranstaltung: | Grün.Links.Berlin Kongress |
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Antragsteller*in: | Annka Esser, Georg Kössler und Stefan Taschner |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 03.03.2020, 22:46 |
A2: Für ein klimagerechtes Berlin! - Die Berliner Energie- und Wärmeversorgung muss schnellst möglichst klimaneutral werden
Antragstext
Für ein klimagerechtes Berlin! - Die Berliner Energie- und Wärmeversorgung muss
schnellst möglichst klimaneutral werden
Regenwälder brennen, Wüsten breiten sich aus, der Meeresspiegel steigt,
Permafrostböden tauen ungebremst auf und setzen klimaschädliche Treibhausgase
frei. Weltweit ist die Klimakrise für jede*n immer spürbarer. Und sie ist
unzweifelhaft menschengemacht.
Im letzten Jahr sind die Folgen durch Wetterextreme und Ernteausfälle auch in
Deutschland angekommen.
Doch während wir uns über einen nicht eintretenden Winter beschweren, verlieren
im globalen Süden Menschen auf Grund von Überschwemmung oder Waldbränden ihre
Zuhause. Sie müssen die Folgen am stärksten spüren, obwohl sie am wenigsten zu
dieser Krise beigetragen haben und über weniger finanzielle Mittel verfügen um
sich dagegen zu schützen.
Unser Wirtschaftssystem, was auf der Ausbeutung von Menschen und der Umwelt
basiert, ist Ursprung der Klimakrise.
Um die Krise zu stoppen, brauchen wir einen Wandel hin zu ökologischem,
gemeinwohlorientieren Wirtschaften. Und dieser Wandel fängt mit unserer Politik
an.
Bei jeder politischen Entscheidung muss uns klar sein: jedes Zehntel Grad
globale Erderwärmung bedeutet, dass Tiere und Pflanzen aussterben, dass tausende
Menschen ihre Lebensgrundlage verliehen.
Unsere grün linke Antwort auf diese globale Ungerechtigkeit kann deshalb nicht
sein, dass wir ein bisschen Klimaschutz betreiben um die 2 Grad Grenze nicht zu
überschreiten. Klimaschutz muss zur Priorität werden, sodass wir alles dafür
tun, unter der 1,5 Grad globaler Erderwärmung zu bleiben.
Reiche Ländern wie Deutschland sind in der Pflicht endlich effektive Maßnahmen
zu ergreifen und ihre Zielsetzungen an dem zu orientieren, was renomierte
Wissenchaftler*innen schon lange fordern.
Gerade Berlin muss seiner globaler Verantwortung gerecht werden und alles dafür
tun um schnellst möglichst eine echte Klimaneutralität anzustreben - am Besten
bis 2030.
Die Energie- und Wärmeversorgung macht in Berlin 70% der CO2 Emissionen aus und
gehört damit zu den Sektoren, die am dringendsten transformiert werden müssen.
An der Energiewende wollen und müssen wir alle beteiligen. Deswegen wollen wir
unsere Energieversorgung bürger*innennah und dezentral umbauen.
Klimagerechtigkeit muss zu einer Aufgabe aller Berliner*innen werden. Nur wenn
alle ihren Teil dazu beitragen, können wir unsere Lebensweise so umbauen, dass
sie nicht auf Ausbeutung von Umwelt und Menschen bassiert.
Unsere Aufgabe sehen wir dabei über Klimaschutzmaßnahmen zu informieren,
Berliner*innen für die Energiewende zu motivieren und ihre Ideen zu fördern
statt sie, wie die Bundesregierung, zu boykottierten.
Uns bleiben nur wenige Jahre um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, aber
wir sehen diese Herausforderung als Chance gemeinsam an einer besseren Welt für
alle zu bauen.
Klimaschutz braucht Priorität
Wir GRÜNE treten als einzige Partei für einen echten Klimavorbehalt ein. Wir
wollen über eine reine Klimafolgenabschätzung hinaus gehen. Es ist gut, wenn wir
grundlegend transparent machen, wieviel CO2 direkt oder indirekt durch Projekte
des Landes verursacht werden. Unsere grünen Freund*innen in Bremen entwickeln
dafür aktuell eine Methodik, welche wir in Berlin - sofern möglich - zeitnah
übernehmen sollten. Aber es muss darüber hinaus auch ein aufschiebendes Veto -
wie vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) vorgeschlagen - eingeführt
werden, welches automatisches oder durch die Senatsverwaltung für Klimaschutz
bzw. den Klimaschutzbeirat ausgelöst wird. Damit können Alternativen besser
geprüft werden und öffentliche Aufmerksamkeit hilft uns klimaschädliche Projekte
zu verhindern bzw. zu verändern. Damit sind klimaschädliche Projekte noch immer
möglich - vielleicht weil sie aus anderen Gründen unbedingt nötig sind - aber
sie müssen einer intensiveren Alternativenprüfung unterzogen werden.
Die ökologische Krise spitzt sich immer weiter zu und stellt die Basis unserer
Gesellschaft - eine Umwelt in der und von der wir leben können - in Frage. Es
wäre eine Lüge zu sagen, dass dies nicht auch einschneidende politische
Entschiedungen erfordert. Es wird dabei auch zu Zielkonflikten kommen und es ist
an uns, dass soziale und ökologische Belange dabei höher als angebliche
"Wirtschaftlichkeiten" gesehen werden. Denn im aktuellen neoliberalen
Wirtschaftssystem bedeutet dies meistens den fossilen Weg. Hier ist es an uns -
der Klimapartei Bündnis 90/Die Grünen - diese Zielkonflikte offensiv anzugehen
und gar nicht erst in einen angeblichen Widerspruch von "grün vs. rot" oder "öko
vs. Wirtschaft" zu geraten. Deshalb werden wir mit der Zivilgesellschaft
zusammen im Vorfeld der anstehenden Wahlen offen und ehrlich diskutieren, wie
Zielkonflikte rund um z.B. die Mobilitätswende, energetische Sanierungen,
Ernährung oder Stadtentwicklung möglichst fair zu lösen sind. Dazu braucht es
nicht nur kreative Lösungsideen, sondern auch mehr Verfahrensgerechtigkeit -
also eine gute Beteiligung und transparente Politik. Denn auch wenn wir es nicht
allen Recht machen können, muss für alle verständlich sein, warum sich für sie
liebgewonnene Gewohnheiten vielleicht ändern müssen. Wir wollen dafür unser
Konzept eines Klima-Bürger*innenrats ausarbeiten.
Wer ein Dacht hat, hat auch Verantwortung!
Mit dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (BEK 2030) haben wir
einen Fahrplan zur Klimaneutralität beschlossen. Doch ein Fahrplan ist nix wert,
wenn der Bus im Stau steht oder garnicht kommt. Wir müssen uns trauen, in die
nächste Phase grüner Klimapolitik zu gehen: Nach der Erstellung von Grundlagen
(Mobilitätsgesetz, Umweltgerechtigkeitsatlas, Gründung Regenwasseragentur,
Entfesselung Stadtwerk usw.) und ausreichenden Fördermitteln - immerhin fast 100
Mio. Euro in 4 Jahren - muss nun eine schlaue Ordnungspolitik hinzu kommen.
Ansonsten leistet Berlin keinen ausreichenden Beitrag zum Klimaschutz.
Mit der von uns initiierten Solarpflicht kann Berlin weit über die Grenzen der
Bundesrepulik hinaus ein leuchtendes Beispiel sein. Denn unsere Dächer sind viel
zu wertvoll, um sie nicht zu nutzen um den Planeten zu retten. Das Potenzial
über uns ist groß! Bis zu 25% des Stroms können wir in Berlin mit Solaranlagen
erzeugen. Dies ist nicht nur für die eigene Bilanz wichtig, sondern auch
politisch. Wie wollen wir dem Land Brandenburg erklären, dass sie mehr Windräder
zulassen sollen, wenn wir unsere Hausaufgaben nicht machen? Mit der Solarpflicht
nehmen wir diese Verantwortung wahr. Dabei wollen wir nicht nur Neubauten,
sondern auch im Bestand (sofern eine Sanierung des Dachs ansteht) mit
Solaranlagen ausstatten. Wenn Eigentümer*innen dazu nicht in der Lage sind,
müssen sie diese Pflicht von Dritten umsetzen lassen. Das könnten die Berliner
Stadtwerke mittels Contracting machen.
Energetische Sanierung für statt gegen Mieter*innen!
Die sozial-ökologische Sanierung ist einer der größten Herausforderungen in der
Klimapolitik. Etwa die Hälfte der CO2 Emissionen in Berlin stammen aus dem
Gebäudebereich. Zur Erreichung der Klimaschutzziele müssen wir die Effizienz
deutlich steigern.
Bisher wurde energetische Sanierung in erster Linie von Immobilienbesitzenden
zur Verdrängung genutzt. Es ist also Zeit für einen Neustart.
Mieter*innen dürfen nicht mehr allein die Lasten schultern. Wir setzen uns für
eine faire Verteilung der Kosten ein. Neben Mieter*innen muss sich auch der
Staat verstärkt beteiligen. Doch wir fordern auch von den Immobilienbesitzenden
ein, ihrer Verantwortung für den Klimaschutz endlich gerecht zu werden und sich
an den Kosten zu beteiligen. Wir Grüne favorisieren deswegen das sogenannte
Drittelmodell, wie wir es z.B. auf der letzten Landesdelegiertenkonferenz
beschlossen haben; d.h. es beteiligen sich an den Kosten Mieter*innen, der Staat
über Förderprogramme und die Immobilienbesitzende.
Das Institut für Energie- und Umweltforschung hat für den BUNDein solches Modell
aufgestellt und für verschiedene Märkte durchrechnen lassen. Unsere
Bundestagsfraktion hat dies mit der Unterstützung unserer Abgeordnetenhaus-
Fraktion hat zum Anlass genommen das Modell auf seine Umsetzbarkeit zu prüfen.
Doch wir müssen uns nichts vormachen, so schnell bekommen wir das auf der
Bundesebene nicht umgesetzt. Deswegen sind wir aufgefordert zu schauen, was wir
wie in Berlin umsetzen können.
Mit dem Mietendeckel ist der Beitrag von Mieter*innen auf 1 Euro begrenzt. Er
gibt zudem Vorgaben, was unter energetischer Sanierung zu verstehen ist. Beides
ist so zu begrüßen. Ein Förderprogramm bei Senatsverwaltung Wirtschaft, Energie
und Betriebe soll so auflegt werden, dass es abgerufen wird und in die richtige
Richtung lenkt. Um jedoch Immobilienbesitzende an den Kosten zu beteiligen,
werden wir um Ordnungsrecht nicht herum kommen. Das Stufenmodell kann für Berlin
ein möglicher Schlüssel sein. Dabei soll rechtlich vorgegeben werden, wann
welches Haus welchen energetischen Standard erreichen muss. Das zwingt
Immobilienbesitzende zur energetischer Sanierung. Sollten Mierter*innenbeitrag
und Fördergelder nicht ausreichen muss der Immobilienbesitzende die restlichen
Kosten selber tragen. Wir simulieren so nicht nur das Drittelmodell, sondern
stellen klare Regeln und Zeitpläne auf und verteilen die Kosten auf alle
Schultern.
Denn für uns ist klar, Klimagerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit kann es
nicht geben!
Think Global - Act Local!
In Berlin nutzen wir alle Potenziale um radikalen Klimaschutz umzusetzen. Viele
Regelungen werden aber auch auf Bundes und EU-Ebene beschlossen. Wir werden uns
weiter im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Bundesregierung den Ausbau
Erneuerbarer Energien voranbringt, den Ausstieg aus fossilen Energin einleitet
und EU-Richtlinien progressiv verfolgt.
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